Zusammenfassung: Tauben im Gras (Wolfgang Koeppen)

Autor: Wolfgang Koeppen (1906 - 1996)
Originaltitel: Tauben im Gras
Veröffentlichung: 1951
Textsorte: Roman
Textgattung: Epik
Literaturepoche: Gegenwartsliteratur

Inhaltsangabe:
Der Episodenroman "Tauben im Gras" des deutschen Schriftstellers Wolfgang Koeppen erschien im Jahr 1951 und gilt als eines der wichtigsten literarischen Zeitzeugnisse der Phase des Wiederaufbaus in Deutschland. In Collagentechnik aufgebaut, behandelt das Werk die Geschehnisse, die sich innerhalb eines Tages in einer Stadt in Bayern abspielen. Dabei wird nicht das Leben weniger Hauptpersonen geschildert, sondern mit unzähligen handelnden Charakteren aller Schichten und deutscher sowie US-amerikanischer Herkunft ein Querschnitt der deutschen Gesellschaft nach dem Zweiten Weltkrieg gezeichnet.
Koeppen thematisiert in "Tauben im Gras" sowohl das Trauma der Menschen und die Verwüstung, die der Krieg hinterlassen hat, als auch die Tatsache, dass in Deutschland dieser Zeit Antisemitismus und Rassismus immer noch allgegenwärtig sind. Koeppen klagt einerseits die Deutschen an, die aus den Greueltaten der Nationalsozialisten keine Lehre gezogen haben und beschreibt andererseits Einsamkeit, Armut, Zukunftsängste und Orientierungslosigkeit einer vom Krieg gebeutelten Generation. Vor der Kulisse des Stadtlebens und der damit verbundenen Anonymität werden in diesem Roman die belanglosen Begegnungen von Figuren beschrieben, denen jegliches Zugehörigkeitsgefühl abhanden gekommen ist, da ihnen die Fähigkeit fehlt, einander auf ehrliche und offene Art zu begegnen.
Die vielen Paarbeziehungen, die in "Tauben im Gras" porträtiert werden, sind geprägt von Frustration und Isolation. Die Stärke des Romans liegt jedoch auch darin, dass Ressentiments, Fremdenhass und Vorurteile von Koeppen nicht bloß in der Erwachsenenwelt geschildert werden. Auch die Jugend, die das rassistische und antisemitische Gedankengut von den Eltern übernommen hat, befindet sich in einer Situation ohne Hoffnung auf Perspektive oder Gemeinschaftssinn.

Der Roman beginnt mit detaillierten Beschreibungen der Ruinen einer namenlosen Stadt, die als Kulisse für die Handlung dient. In Zeitungsberichten wird der politische Kontext hergestellt und der Tag, innerhalb dessen sich die Geschehnisse abspielen, als der 20. Februar 1951 bekannt.
Der Schauspieler Alexander wartet vor Beginn eines Drehs in seinem historischen Herzogs-Kostüm auf seinen Auftritt und leidet an der Hitze, die sich unter der Kleidung bildet ebenso wie an den Folgen der vergangenen durchzechten Nacht. Seine Frau Messalina liegt währenddessen immer noch betrunken zuhause im Bett, unfähig, sich um ihre kleine Tochter Hildegonda zu kümmern, die von der Kinderfrau Emmi täglich zum Besuch in der Kirche gezwungen wird, damit diese die Sünden ihrer Eltern abbüßen kann.
Der Schriftsteller Philipp ist indes in einem Hotelzimmer erwacht, nachdem er am Abend zuvor Emilia nach einem Streit verlassen hat, die in der gemeinsamen Wohnung zurückgeblieben ist. Er beschließt, auch weiterhin im Hotel zu wohnen, verlässt sein Zimmer und irrt ohne Ziel durch die Stadt.
Frau Behrend, deren Mann sie wegen der Tschechin Vlasta verlassen hat, mit der er nun eine glückliche Beziehung führt, entpuppt sich, als sie bei einem jüdischen Händler Kaffee besorgt, als Juden- und Fremdenhasserin.
Der Afroamerikaner Odysseus kommt zur selben Zeit am Bahnhof an und schließt Bekanntschaft mit dem alten Gepäckträger Josef, mit dem er den restlichen Tag durch die Kneipen der Stadt zieht.
Der erfolgreiche amerikanische Schriftsteller Edwin befindet ebenfalls hier, um einen Vortrag über Gertrude Stein zu halten, und fährt in seinem schwarzen Cadillac beinahe den Psychiater Dr. Bude auf seinem Fahrrad nieder.
Der aus Louisiana stammende Afroamerikaner Washington plant, seine schwangere Freundin Carla, die Tochter von Frau Behrend zu heiraten. Diese ist sich aber bewusst, dass sie als Mutter eines Mischlingskindes erhebliche Probleme mit ihrer Familie und Umgebung bekommen würde und entschließt sich zur Abtreibung. Auch ihr halbwüchsiger Sohn Heinz, der Washington wiederholt rassistisch beleidigt und den halbjüdischen Jungen Ezra terrorisiert, ist ein Grund für Carla, das Kind nicht zu bekommen. Washington gelingt es jedoch, den Arzt davon zu überzeugen, die Abtreibung nicht durchzuführen.

Am Endes des Tages überschlagen sich die Ereignisse, in die fast alle Personen, die im Zuge der Handlung beschrieben wurden, verwickelt sind. Vom "Club der Negersoldaten" aus kommt es zu brutalen Auseinandersetzungen und der Gepäckträger Josef wird von einem Stein erschlagen. Obwohl er den ganzen Tag über mit Odysseus auf freundschaftliche Art verbracht hat, beschuldigt er ihn im Krankenhaus kurz vor seinem Tod im Beisein der kleinen Hildegonda und ihrer frommen Kinderfrau Emmi des Mordes. Es bleibt offen, ob Odysseus für das vermeintliche Verbrechen verurteilt wird.

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