Zusammenfassung: Kleider machen Leute (Gottfried Keller)

Autor: Gottfried Keller (1819 - 1890)
Originaltitel: Kleider machen Leute
Veröffentlichung: 1874
Textsorte: Roman
Textgattung: Epik
Literaturepoche: Realismus

Inhaltsangabe:
Der zu den wichtigsten Vertretern der Literaturgattung „Realismus“ gezählte Züricher Schriftsteller, Dichter und Stadtschreiber Gottfried Keller (1819 – 1890) ist vor allem durch seinen 1856 beziehungsweise 1874 erschienenen zweiteiligen Novellenzyklus „Die Leute von Seldwyla“ bekannt geworden. „Kleider machen Leute“ (1874 erstmals erschienen) gehört zum zweiten Teil dieser Reihe, deren in sich abgeschlossene Novellen einen Gesamteindruck auf ein sanft ironisch angelegtes Gemeinwesen, der ausgedachten, irgendwo in der Schweiz verorteten Kleinstadt Seldwyla, geben. Keller deckt wie in den anderen „Seldwyla“-Geschichten auch, in „Kleider machen Leute“ den Zusammenhang zwischen Schein und Wahrheit, zwischen Täuschung, Gutgläubigkeit und Selbstbetrug auf. Dabei geht es Keller durchaus um Gesellschaftskritik, allerdings kommt seine Gesellschaftskritik nicht hart und polemisch-satirisch daher, sondern ist mit der Watte freundlichen Humors ummantelt.

Held in „Kleider machen Leute“ ist der Seldwyler Schneider Wenzel Strapinski. Der ausgesprochen schüchterne Strapinski ist zwar arm, versteht es aber aufgrund seines Berufs sich so elegant zu kleiden, dass er nicht wie ein mittelloser armer Schneider wirkt. Neben ihm sind verschiedene Bürger der etwa 50 km von Seldwyla entfernten wohlhabenden Stadt Goldach von Bedeutung für den Fortgang der Novelle. Dazu gehören der Buchhalter Böhni sowie der Amtsrat und vor allem dessen Tochter Nettchen.

Der aus Schlesien, aus der „Wasserpolackei“, stammende Schneidergeselle Wenzel verlässt Seldwyla, wo ihm sein wirtschaftlich angeschlagener Meister keinen Lohn mehr auszahlen will. Bettelarm und frierend macht sich Wenzel auf den Weg nach Goldach. Unterwegs wird er halberfroren von einem mitleidigen Kutscher, der einen hochherrschaftlichen Wagen lenkt, aufgelesen. Angekommen in Seldwyla wird Wenzel wegen seiner pompösen Fahrgelegenheit und seiner noblen Kleidung irrtümlich für einen reichen, aus Polen stammenden Grafen gehalten, den es aus politischen Gründen nach Goldach verschlagen hat. Wenzel wird entsprechend aufmerksam im Gasthof, den er aufsucht, bewirtet. Der gegen seinen Willen zum Grafen aufgestiegene Schneider spielt das Spiel teils aus Schüchternheit, teils aus Kalkül, es sich vor der von ihm erwarteten Entlarvung noch einmal gut gehen zu lassen, mit.

Er wird aber nicht entlarvt, sondern von einem der Honoratioren der Stadt, dem Amtsrat, auf dessen Landsitz eingeladen. Hier hofft Wenzel sich unbemerkt absetzen zu können und lässt es zu, dass er weiterhin für einen Adligen gehalten wird. Böhni, der als einziger Goldacher Zweifel an Wenzels Grafenwürde entwickelt, aber diese Zweifel für sich behält, hilft Wenzel beim Kartenspiel aus. Wenzel hat Glück und gewinnt eine kleine Summe Geld, wovon die Gasthofzeche bezahlt wird. Gerade als er Goldach verlassen möchte, lernt er Nettchen kennen und verliebt sich. Die Tochter des Amtsrats wird auch von Böhni begehrt, den sie aber abgewiesen hat. Der folgende Zwang, sich zu verstellen und seine wahre Identität zu verheimlichen, zehrt an Wenzels Nerven. Nach einem Lotterie-Gewinn erneut zu Geld gekommen, will er sich trotz seiner, für ihn unerfüllbar erscheinenden Zuneigung zu Nettchen, endgültig absetzen.

Wegen der Reaktion von Nettchen auf seine Abschiedsankündigung lässt Wenzel seinen Plan spontan fallen und bittet um Nettchens Hand. Pompös wird bald darauf Verlobung gefeiert. Bei einer Schlittenpartie trifft die Verlobungsfeiergesellschaft auf einen Fastnachts-Zug aus Seldwyla. Das Zusammentreffen wirkt zufällig, ist aber von Böhni arrangiert, der bei einem Aufenthalt in Seldwyla Wenzels wahre Identität erfahren hat. Ein gezeigtes Fastnacht-Pantominenstück stellt die Geschichte vom armen Schneider, der sich einen Grafen-Rock näht und sich als polnischer Adliger ausgibt, nach.

Wenzel ist entlarvt. Aber die Geschichte geht trotzdem gut für ihn aus. Die zunächst erboste Nettchen vergewissert sich der Liebe und der grundsätzlichen Lauterheit Wenzels. Sie sieht, dass der Schneider in die Grafen-Affäre ohne Vorsatz hineingeraten ist, und verzeiht ihm. Resolut setzt sie sich, gerade volljährig geworden, über die Bedenken des Vaters hinweg. Sie heiratet Wenzel, dem strafrechtlich kein Vergehen nachgewiesen werden kann, weil er tatsächlich nie behauptet hatte, Graf Strapinski zu sein. Die Rückkehr von Wenzel nach Seldwyla wird von den Einheimischen wegen seiner durch eine Erbschaft angeblich vermögend gewordenen Frau begrüßt. Wenzel steigt zum Tuchherrn des Ortes auf. Als er nach einigen Jahren ein Vermögen verdient hat, kehrt er Seldwyla den Rücken und zieht mit Frau und Kindern fort.

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