Zusammenfassung: Andorra (Max Frisch)

Autor: Max Frisch (1911 - 1991)
Originaltitel: Andorra
Veröffentlichung: 1961
Textsorte: /
Textgattung: Drama
Literaturepoche: Gegenwartsliteratur

Inhaltsangabe:
Das im Jahr 1961 uraufgeführte Stück "Andorra" des Schweizer Schriftstellers Max Frisch behandelt die Vorkommnisse in einer kleinen Stadt, die Frisch als Modellstaat anlegte. "Andorra" zählt zu den antiillusionistischen und politischen Parabelstücken des Autors, die in starker Anlehnung an die dramaturgische Struktur und das epische Theater Bertolt Brechts entstanden. Neben der offensichtlichen Verarbeitung des Antisemitismus und seiner Entstehung in der Gesellschaft befasst sich Frisch in diesem Drama auch intensiv mit dem seinem Gesamtwerk immanenten Thema der "Bildnis-Problematik". Frischs literarischer Ansatz, dass das vorgefertigte Bildnis, das sich Menschen über sich selbst und andere machen, dazu führt, dass sie in einer Identität gefangen sind, die ihnen jegliche Entfaltungsmöglichkeit nimmt, ist inhaltlicher Gegenstand der meisten Dramen und Prosawerke des Schriftstellers. In "Andorra" wird der vermeintliche Jude Andri als Protagonist das tödliche Opfer des Bildnisses, der fixen Meinung, die ihn überall erwartet und die schließlich auch er selbst übernimmt.

Die Lehrerstochter Barblin weißelt für die kommenden Feierlichkeiten des Sanktgeorgstages das Haus ihrer Familie und wird dabei von dem Soldaten Peider belästigt, der sich über ihre Beziehung zu ihrem Adoptivbruder Andri lustig macht. Andri entstammt der heimlichen, lange vergangenen Affäre des Lehrers mit einer ausländischen Frau, die ihm das Kind einst überlassen hat. Der Lehrer hat den Buben daraufhin unter falschen Angaben als jüdisches Findelkind in die Familie gebracht. Seither muss der vermeintliche Jude Andri, der als Küchenjunge beim Wirt angestellt ist, mit subtilen antisemitischen Anfeindungen und Vorurteilen von Seiten der Andorraner leben.

Dem Lehrer gelingt es, seinem Sohn für viel Geld eine Lehre beim Tischler zu verschaffen, damit für Andri eine ordentliche Existenzgrundlage gesichert ist. Als dieser seinen Pflegevater um die Hand seiner Tochter Barblin bittet, gerät der Lehrer aus der Fassung, denn nur er weiß, dass seine beiden Kinder blutsverwandt sind.
Als der Lehrer verzweifelt versucht, Andri darüber aufzuklären, dass er sein leiblicher Sohn ist, lehnt dieser jegliche Informationen als unwahr ab. Seine eigene Identität des Außenseiters und Juden von Andorra hat sich bereits zu tief in sein Bewusstsein gegraben. Als sich das kleine Andorra durch das schwarze Volk und deren an den Grenzen stationierte Truppen gefährdet sieht, überschlagen sich schließlich die Ereignisse. Der Soldat Peider, der Andris Geliebte Barblin begehrt, beginnt mit gewalttätigen Übergriffen auf Andri und plant, sich die politische Situation zunutze zu machen, um seinen Kontrahenten endgültig loszuwerden.
Ein überraschender Besuch von Andris leiblicher Mutter, der Senora endet fatal. Die Senora wird, nachdem sie ihrem nichtsahnenden Sohn einen Ring geschenkt hat, von einem Stein erschlagen. Schnell kommt das Gerücht auf, dass Andri selbst die Senora absichtlich getötet hat. Als die schwarzen Truppen schließlich in Andorra eindringen und eine Judenschau fordern, wird Andri von dem Soldaten Peider ausgeliefert und muss wie alle Bürger von Andorra barfuß mit einem Tuch über dem Kopf über den Platz marschieren.

Der Judenschauer identifiziert Andri als Juden, dieser wird daraufhin abgeführt und hingerichtet. In Zwischenszenen treten nacheinander all die Andorraner, die im Laufe des Stückes Andri aufgrund seiner falschen Judenidentität unfair behandelt haben und an seinem tödlichen Schicksal beteiligt sind, an die Rampe, um sich nachträglich ihrer eigenen Schuld an Andris Tod zu entledigen. Die feigen Lügen des Lehrers und schließlich aller Andorraner, die zum Tod der Hauptfigur geführt haben, scheinen in der letzten Szene auf, als Barblin verzweifelt versucht, das symbolische Blut, das an den Häusern von Andorra klebt, wegzuweißeln.

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