Zusammenfassung: Rattenfänger von Hameln (Gebrüder Grimm)
Autor: Jacob Grimm und Wilhelm GrimmOriginaltitel: Rattenfänger von Hameln
Veröffentlichung: 1816
Textsorte: Märchen
Textgattung: Epik
Literaturepoche: /
Inhaltsangabe:
Mit dem heute vor allem in der politischen Berichterstattung und Diskussion häufig verwendeten Begriff „Rattenfänger“ werden in der Regel skrupellose Demagogen bezeichnet, denen es
durch Täuschungen oder charismatische Ausstrahlung gelingt, andere Menschen scharenweise in den Bann zu ziehen und sie so für finstere Zwecke missbrauchen zu können. Dieses Negativ-Bild
vom Rattenfänger geht im Wesentlichen auf eine Sage zurück, die die deutschen Brüder Wilhelm und Jakob Grimm 1816 im ersten Band ihres in Berlin herausgegebenen Werkes „Deutsche
Sagen“ veröffentlichten. Die als Volkskundler und Sprachwissenschaftler in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts wirkenden Grimms haben sich große Verdienste durch das systematische
Sammlen von Sagen und Märchen erworben. Bei der Aufzeichnung der Rattenfänger-Sage konnten sie unter anderem auf eine 1650 erschienene Darstellung des Jesuiten-Mönchs und Gelehrten
Athanasius Kircher zurückgreifen, der sich intensiv mit der Sage beschäftigt hatte.
Die von den Grimms als Nr. 246 in ihre Sagensammlung aufgenommene Geschichte vom Rattenfänger gehört mittlerweile zur liebevoll gepflegten Folklore des Oberweser-Städtchens Hameln,
in dem sich - der Sage nach – im Mittelalter ein um seinen Lohn betrogener Schädlingsbekämpfer auf gruselige Art an den Bürgern der Stadt gerächt haben soll: Er hat die Kinder des
Ortes mit sich gelockt. Möglicherweise liegt ein Ursprungskern für diese Sage in einer Auswanderungswelle begründet, bei der Werber einen Großteil der jungen
Hamelner zur Ostkolonisation nach Brandenburg oder Siebenbürgen überredet hatten. Vielleicht hat die Sage aber auch einen religiös bedingten geschichtlichen Ursprung. Nach Vermutung
einiger Historiker hat im Mittelalter ein Sektenführer Hamelner Kinder in einen nahen Wald gelockt, um heidnische Tanz-Riten zu praktizieren. Dabei sollen durch einem Erdrutsch viele
Kinder umgekommen sein.
In der Sage, die heute auch außerhalb des deutschen Sprachraums großen Bekanntheitsgrad genießt, erscheint 1248 ein bunt gekleideter „wunderlicher“ Mann in der Stadt im Weserbergland.
Er verspricht gegen angemessenen Lohn Hamelns Straßen und Haushalte von der herrschenden Ratten- und Mäuseplage zu säubern. Man wird sich einig und der Rattenfänger macht sich ans Werk.
Er beherrscht die Kunst, die lästigen Nager mittels einer Pfeife auf sich zu bannen und sie in Scharen der Musik folgen zu lassen. Als der pfeifende Rattenfänger alle Hamelner Ratten und
Mäuse um sich geschart hat, geht er zur Weser, watet ein Stück in den Fluss und bewirkt so, dass die ihm folgenden Tiere im Wasser ertrinken. Die Hamelner Bürger sind froh, aber nicht
vertragstreu. Sie verweigern unter fadenscheinigen Vorwänden den versprochenen Lohn. Der Rattenfänger verlässt erbost die Stadt. Wenig später erscheint er in der Gestalt eines wild
aussehenden Jägers mit rotem Hut wieder. Erneut zieht er pfeifend durch Hameln. Aber diesmal folgen ihm keine Kleinnager, sondern die Kinder der Stadt, soweit sie vier Jahre und älter
sind. Er führt 130 Jung-Hamelner zu dem nahe gelegenen Koppenberg, in dem er mit ihnen verschwindet. Ein Kindermädchen, dass von Weitem Zeugin des Auszugs geworden ist, alarmiert die
bis dahin ahnungslosen und jetzt verzweifelnden Eltern, die während des Auszugs in der Kirche gewesen sind. Bis auf ein stumm gewordenes und ein erblindetes Kind bleiben die Kinder
trotz umfangreicher Suchaktionen verschwunden.